Cosycooking

Weites Land und abwechslungsreiche Stadt - zu Besuch in Niederösterreich und Wien

Der Osten Österreichs hat gerufen. Schon lange. Anfang Juni war es endlich so weit. Wir haben uns auf den Weg ins weite Land gemacht und anschliessend ein paar Tage in der Bundeshauptstadt Wien verbracht. Ich könnte euch jetzt erzählen, dass das Wetter sehr bescheiden war und uns im Nachhinein gesehen übel mitgespielt hat. Angesichts der Tatsache, was sich just zu dieser Zeit an vielen Stellen der Donau abgespielt hat, ist es nicht mal erwähnenswert. Wir waren im Norden des grössten österreichischen Bundeslandes und blieben von Extrem-Eskapaden des Himmels verschont, konnten viele Ausflüge machen, einige Weinbauern besuchen und hochspannende Weine aus DER Traubensorte der Region schlechthin - Grüner Veltliner - verkosten. Unsere Freunde, mein Mitbewohner und ich hatten eine lustige, unterhaltsame und vor allem entspannende Woche verbracht, deren Tage mit ausgiebigem Frühstücken begannen und mit gemütlichen Abendessen zu Ende gingen.

Anschliessend das Wiener Kontrastprogramm. Vor 12 Jahren an einem bitterkalten Dezemberwochenende war ich das letzte Mal in der Stadt. Wie sehr haben wir uns gefreut auf eine Mélange im Kaffeehaus, darauf mit Bus und Bim (Strassenbahn) den Wiener Alltag und die imposanten Bauwerke auf uns wirken zu lassen. Wir haben die klassischen Touristenziele besucht - Naschmarkt, Schloss Schönbrunn und den 1. Bezirk zu Fuss erkundet - waren in lauschigen Gastgärten essen und wären ganz gerne noch ein paar Tage länger geblieben.

+++WEIN+++

Niederösterreich ist klassisches Weissweinland. Auf ca. 27'000 ha wird vor allem Grüner Veltliner angebaut und unter dem Label DAC vermarktet. Rotweine werden hauptsächlich südlich von Wien kultiviert wo bereits die pannonische Tiefebene beginnt. Ich muss erwähnen, dass ich nie ein besonderer Fan von Grünem Veltliner war, zu oft ein Einerlei, zu oft zu säurebetont und zu mineralisch für meinen Geschmack. Für diese Art von Weinen bin ich erst seit kurzem zu begeistern und heute lasse ich für einen guten Grünen Veltliner durchaus einen anderen guten Tropfen stehen.

WEINGUT ZULL (Weinviertel)

Schrattenthal ist mit nicht einmal 900 Einwohnern, eine der kleinsten Stadtgemeinden Österreichs und hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Heute bewirtschaftet die dort ansässige Familie Zull ca. 18 ha Rebfläche. Wir hatten von dem Weingut bis dato nichts gehört, zufällig vor Ort in einem Heft davon gelesen, uns spontan auf den Weg gemacht und unangemeldet an der Tür geläutet. Es war Abfüllzeit des neuen Jahrgangs und die freundliche Schwiegertochter kredenzte uns im modern gestalteten Degustationsraum die Weine der Familie. Ausgesprochen gut geschmeckt hat der Grünen Veltliner "Äussere Bergen" und der Riesling "Innere Bergen".

WEINBERGHOF FRITSCH (Kamptal)

Auch hier sind wir unangemeldet eingetrudelt. Auch beim Weinberghof Fritsch war das kein Problem. Nachdem Karl Fritsch seine Arbeit im Weinberg erledigt hatte, nahm er sich mittags zwei Stunden Zeit um uns seine Philosophie des bio-dynamischen Weinbaus zu erläutern. Der Weg von konventionell zu bio-dynamisch war für die Familie nicht immer einfach, aber in seiner Konsequenz beeindruckend. Heute werden ca. 25 ha bewirtschaftet. Nebenbei widmet sich Karl Fritsch in seinem Gemüsegarten den er nach dem Konzept der Permakultur betreibt. Eine logische Fortsetzung seiner Arbeit im Weinberg. Für mich war es der interessanteste Weinbauern-Besuch. Herausragend geschmeckt hat uns der Grüne Veltliner Schlossberg 2012. Kein leichter Sommerwein sondern einer mit Tiefgang der den grossen Namen aus der Wachau und dem Kamptal sicherlich in nichts zurück steht. Auch der Cuvée Foggathal 2009 aus Zweigelt, Merlot und Cabernet Sauvignon war ein Gaumenschmeichler. Wir freuen uns schon sehr auf die Lieferung im September wenn der Wein verfügbar ist.

WEINGUT BANNERT (Weinviertel)

Vom Degustationsraum und der Terrasse des Weingut Bannert im 1. Stock hat man einen wunderbaren Blick über die Weinberge. Es ist ein Platz wo man sich wohlfühlt und sicherlich ohne weiteres ein paar Stunden Verweilen könnte. Die verkosteten Weine waren tadellos. Wir wollten nicht schon zu Beginn den Kofferraum füllen und haben uns auf ein paar Flaschen vom Frizzante "Perla Vera" beschränkt. Ein leichter süffiger Perlwein für heisse Sommertage.

GRAF HARDEGG (Weinviertel)

Man sollte sich nicht täuschen lassen. Das Weingut Graf Hardegg findet man nicht im gleichnamigen Ort an der tschechischen Grenze sondern im ca. 40 km entfernten Ort Seefeld-Kadolz. Bei genauerem Hinschauen wäre uns das aufgefallen;) Der Kellermeister war telefonisch nicht zu erreichen. Trotzdem sind wir auf's Geratewohl hingefahren und ein freundlicher Mitarbeiter hat uns die Weine, die wir probieren wollten, geöffnet. Auch hier haben wir uns beim Einkauf zurückgehalten, zwei Bio-Blütenhonige des Weingutes hatten aber doch noch Platz.

+++ESSEN+++

Eines vorweg, meine Befürchtung, dass ich mit meinem Wunsch vegetarisch zu essen nicht weit kommen werde, waren unbegründet. Es war Spargelzeit und die Auswahl war vielfältig.

WEINSCHLÖSSEL, Retz

Wir waren zweimal in dem modern und trotzdem gemütlich eingerichteten Weinschlössel in Retz, einmal mittags und einmal abends. Wir haben u.a. Weinviertler Ziegenkäse mit verschiedenen Kräutern, Spinatknödel mit brauner Butter und hausgemachte Pasta mit Steinpilzen ausgewählt. Freundlicher Service, tadellose Küche.

RETZBACHERHOF, Unterretzbach

Es wäre so schön gewesen, denn wäre es wärmer gewesen, hätten wir im wunderschönen Gastgarten des Retzbacherhofes Platz nehmen können. Ein äusserst aufmerksamer Service und überraschend gelungene Kombinationen wie z.B. Spargel mit Passionsfrucht haben uns zumindest ein wenig entschädigt.

WEINBEISSEREI, Mollands

Man sitzt hoch über dem Kamptal auf der Terrasse der Weinbeisserei und alles wird gut. Es war nach einer Woche der erste Abend, wo man draussen sitzen und die ersten Sonnenstrahlen seit langem und die Bio-Gerichte von Hermann Hager geniessen konnte. Der Gemüsegarten keinen Meter entfernt und die hauseigenen Turopolje Schweine etwas weiter weg im Blickfeld. Dinkelspätzle mit Wildkräuterpesto, dazu ein Salat in welchem sich auch das eine oder andere aus Wald & Flur tummelte waren meine gute Wahl.

ESSLOKAL, Hadersdorf am Kamp

An und für sich waren wir bereits auf dem Weg zur Weinbeisserei, aber ein Besuch im Esslokal musste einfach sein. Kein Fehler! Wir sassen am herrlichen Marktplatz, übrigens einem der besterhaltensten in Österreich, wo nahezu alle Häuser aus dem 17. Jhdt. stammen und tadellos instandgesetzt sind. Als Apéro teilten wir eine Vorspeisenplatte durch vier und spülten das Ganze mit einem Zwettler Bier hinunter.

GOURMETGASTHAUS FREYENSTEIN, Wien

Einer der kulinarischen Höhepunkte der Reise. Im lauschigen Garten des Freyenstein sitzen, sich vom flinken sorgsamen Service betreuen lassen und die wunderbare Küche von Manfred Neunkirchner geniessen. Was will man mehr. Gemüsebouillon mit Safranknöderl, geröstete Eierschwammerl mit Ei, geräuchertem Paprika und Majoran, Marchfelder Solospargel mit Orangenrahm, Vogelmiere, Basilikumkresse und Glockenblüten, Rahmgurken mit Ysop und grünem Spargel und zum Abschluss eine himmlische Dessertvariation. Ein vegetarisches Menü wie ich es mir öfters wünsche, aber höchstwahrscheinlich nicht bekommen werde.

MEIEREI, Wien

Direkt im Stadtpark gelegen, ist die Meierei wohl einer der schönsten Plätze für ein ausgiebiges Sonntagsfrühstück. Umso besser, wenn man sich in netter Gesellschaft befindet. Endlich ergab sich die Gelegenheit Katharina von esskultur.at und den Web u. Sängermeister persönlich kennenzulernen. Bei herrlichem Wetter genossen wir die vielen Köstlichkeiten, wie Müesli mit Früchten, Avocado mit schwarzen Oliven, grüner Spargel mit Bergamotteparfümierten Topfen, pochiertes Ei mit Pilzen und eine österreichische Käseauswahl die seinesgleichen sucht. Danke Katharina und H. für den schönen Vormittag und den anschliessenden Kaffee und Kuchen!

+++ANSCHAUEN+++

Wir sind viel herumgefahren und haben so einiges angeschaut. Im Weinviertel ist es schön durch die Kellergassen zu schlendern und wer in der Nähe von Retz ist sollte, nein muss den Retzer Erlebniskeller besuchen. Ich gebe zu, bis zu unserem Aufenthalt, hatte ich noch nichts von dem Keller gehört, dabei strotzt er nur so mit Superlativen. Die Stadt Retz steht auf Meeresablagerungen aus Sand. Seit dem 15. Jhdt. wurden in den Untergrund Keller gegraben, die bis heute in Betrieb sind und eine Gesamtlänge von über 20 km erreichen. Zum Teil verlaufen die Keller sogar auf 2 oder 3 Stockwerken. Es ist verblüffend zu sehen, dass die Kellerwände nur aus Sand bestehen. Durch die ständig gleichbleibende Temperatur und Luftfeuchtigkeit bleibt der Sand immer befeuchtet und stürzt nicht in sich zusammen. Der Keller gehört der Stadt und den Bewohnern. So lagern in einem Abteil die letzten Flaschen des Staatsbanketts, anlässlich der Staatsvertragsunterzeichnung im Schloss Belvedere von 1955! Die Führung durch den Keller war hochinformativ und kurzweilig. Sehr empfehlenswert!

 

Während dieses Urlaubs wollte ich meine Reisegspänli nicht unnötig warten lassen und habe nicht soviel fotografiert wie sonst. Deshalb haben sich in diesen Beitrag ausnahmsweise auch ein paar Handyfotos geschmuggelt.

Vielen Dank an Katharina für die ausführlichen Tipps vor unserer Reise (wieder einmal;)

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Kommentare

  1. Friederike
    1.07.2013

    das Schönbrunn-Foto ist toll, solche dunklen Wolken hatten wir....
    In Hadersdorf warst du doch sicher beim Daniel Spoerri, oder?
    lg

  2. Birgit
    2.07.2013

    @Auch eines der Handyfotos;) Nein, leider nicht. Wir sind nach dem Apéro gleich weiter. Aber spannend was er dort macht. Wir waren bestimmt nicht das letzte Mal in der Gegend. In die Wachau müssen wir ja auch noch...

  3. Die Kärntnerin
    4.07.2013

    Hallo liebe österreichische St. Gallerin,

    meine Schwester, auch Österreicherin in St.Gallen, hat mich auf deinen Blog aufmerksam gemacht und ich hab gesehen du hast vor Kurzem meine Heimat unsicher gemacht. Ich bin als Kärntnerin hier gelandet, nur ein paar Minuten entfernt von Bannert, Zull und dem Retzer Weinschlössl.

    Sehr spannend, so ein Blick von außen auf die mir gut bekannten Restaurants und Weingüter.

    schöne Grüße aus dem Weinviertel,
    Alexandra

  4. Birgit
    4.07.2013

    Hallo liebe Kärntnerin, ja klein ist die Welt;) Schön war die Reise ins Weinviertel. Imponiert hat mir die Weite, wo doch bei uns alles so eng und fast kein Platz mehr vorhanden ist. Und das Gemütliche und die Gastfreundschaft sind im Osten Österreichs einfach unschlagbar. Liebe Grüsse zurück!

  5. katha
    4.07.2013

    es war mir ein volksfest!

  6. Eline
    12.07.2013

    Ach, ins Weinschlössel zum geschätzten Julius Polak möchte ich schon lange! Aber ich beneide dich um die ganze Niederösterreich-Tour. 'Wahrscheinlich liegt diese Gegend für mich viel zu nahe, daher kommt man kaum auf die Idee - ein Fehler.

  7. Birgit
    16.07.2013

    @Eline: Sorry für die späte Antwort. Das Gute liegt oft zu nah;). Würde mir hier wahrscheinlich genau gleich gehen. Auch wir mussten uns dazu auf durchringen, weil sich so vieles andere in den Vordergrund drängt - Italien, Frankreich. Irgendwann die nächsten 2, 3 Jahre kommt dann das Burgenland dran.

  8. Pingback: Chilis und eine längst überfällige Salsa de Aji | Cosycooking

  9. Yvonne
    29.09.2014

    Traumhaft schöne Eindrücke sind das, leider ist es schon eine längere Zeit her dass ich in Wien war, aber diese Fotos haben auf jeden Fall die Lust geweckt :) EU Förderungen sollten genau für den Erhalt von diesem Kulturgut verwendet werden.

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