Was für Ansprüche habe ich an mein Blog? Warum habe ich überhaupt damals vor 3 1/2 Jahren begonnen zu schreiben? Über das was bei uns auf den Tisch kommt, und wohin mich und den Mitbewohner unsere Reisen führen? Das was ihr, meine Leser, hier zu lesen und sehen bekommt, ist die Summe aus mehreren Faktoren. Einer der wichtigsten davon: zu dokumentieren was wir gerne essen. Das sollen nicht nur ausgewählte, gefällige Speisen und Gerichte sein, sondern unseren Alltag widerspiegeln. Das das Blog das nicht tut, wurde mir vergangenen Sonntag wieder einmal bewusst. Nicht zum ersten Mal.
Ich habe zwar eine Kategorie "Fleisch + Fisch", die bis heute einen einzigen Beitrag vorzuweisen hatte. Ehrlich, ich wollte sie schon mal streichen. Doch bei dem Gedanken fand ich mich in einem Dilemma wieder - denn ich bin keine Vegetarierin. Ich hatte und habe meine vegetarischen Phasen, mal länger, mal kürzer, zu einem durchgehenden Vegetarismus konnte ich mich nie durchringen. Dafür mag ich Fleisch zu gerne. Ich esse wenig Fleisch und zu 95% bewusst, d.h. ich kaufe es direkt bei Produzenten, die ich persönlich kenne. Die restlichen 5% resultieren aus nicht kalkulierbaren Launen, wie jener, mit der ich meinen 2013, 6 Monate andauernden vegetarischen Zeitraum beendet habe. Wir hatten im August einen Firmenanlass mit einer Wanderung und anschliessendem gemütlichen Zusammensein auf der Terrasse eines Gasthauses im Kanton Appenzell.
Es war ein lauer Sommerabend, ich bin in Begleitung gemütlich hochgewandert. Am Ziel angekommen, hatte der Patron bereits einen Grill voll knuspriger Kalbsbratwürste für uns Hungrige parat. Vorbestellt hatte ich eigentlich einen vegetarischen Teller (Älpler Magronen, die ich immer gerne esse). Ich habe nicht einen Moment überlegt sondern einfach bei der Wurst zugegriffen. Es hat geschmeckt, es hat gepasst, es war stimmig und es war mir klar, dass die 6 vergangenen Monate Vegetarismus hauptsächlich Monate des Verrenkens und der Suche nach nicht sehr zufriedenstellenden Alternativen waren. Ich fühlte mich wie ein Sonderling, wenn ich mangels Auswahl (Restaurants sind in den wenigsten Fällen wirklich auf Vegetarier eingestellt) aus der Speisekarte mühsam die mir passend scheinende vegetarische Kombination aus verschiedenen Speisen zusammenstellte, während die Kollegen freudestrahlend und unkompliziert das bestellten auf was sie grade Lust hatten. Vor ein paar Tagen habe ich dieses Interview mit Hanna Schygulla gelesen. Ihre Antwort auf die Frage, warum sie in den 70ern nicht Vegetarierin geblieben ist: "Weil es dich da isoliert, wo die anderen im Genuss zusammenfinden". Könnte man es besser zusammenfassen?
Nun, heute gibt es hier Kaninchen. Ein Kaninchen das nach menschlichen Massstäben gemessen wahrscheinlich ein glückliches Dasein hatte. Der Mitbewohner und ich essen während der Woche in der Regel kein Fleisch. Am Wochenende brechen wir diese Regel jedoch gerne. So gab es vergangenen Sonntag dieses Kaninchen mit einer fruchtigen Orangen-Koriandersauce und duftigem Basmatireis. Das Originalrezept sieht Schweinebraten vor. Kaninchen passt auch, Huhn wäre eine weitere Alternative. Die Sauce habe ich mit einem Cuvée aus der Staatskellerei Zürich gekocht. Pinot noir Trauben verleihen dem Wein und der Sauce eine leichte Süsse. Auf keinen Fall sollte der Wein sauer und der Senf scharf sein. Diese Kombination würde eine fast ungeniessbare Bitterkeit erzeugen. Der würzig-blumige Duft der Koriandersamen harmoniert gut mit der salzig-süsslichen Sauce.
KANINCHEN MIT ORANGEN-KORIANDER SAUCE - Rezeptquelle: Citrus aus der Rolf-Heyne Collection, abgewandelt
Zutaten für 2 Personen
- 2 Kaninchenkeulen
- frisch gemahlener Pfeffer
- Fleur de sel
- 4 Knoblauchzehen, geschält und in feine Scheiben geschnitten
- 125 Mililiter Weisswein, darf ruhig etwas lieblich aber nicht säurebetont sein
- Saft von 2 Orangen
- 2 Esslöffel grobkörniger Senf
- 2 Zweige Rosmarin
- 2 getrocknete Lorbeerblätter
- Olivenöl zum Anbraten
- 1 Esslöffel Koriandersamen
- 2 unbehandelte Orangen, in 1 cm dicke Scheiben geschnitten
- eine Handvoll schwarze Oliven
- Kaninchenkeulen waschen, trockentupfen, pfeffern und salzen
- Knoblauchzehen, Weisswein, Saft der Orangen, Senf, abgezupfte Rosmarinnadeln und zerzupfte Lorbeerblätter in einer Schüssel vermischen
- Olivenöl in einer Sauteuse erhitzen
- Kaninchenkeulen auf allen Seiten schön braun anbraten
- mit der Marinade ablöschen
- mit Deckel ca. 40 Minuten leicht köcheln lassen, ab und zu kontrollieren. Falls die Flüssigkeit zu stark einkocht, mit Wasser aufgiessen
- Backofen auf 50° vorheizen
- Kaninchenkeulen nach den 40 Minuten aus der Sauteuse nehmen in Alufolie einwickeln und in den vorgeheizten Backofen geben
- Sauce durch ein Sieb passieren, in eine saubere Pfanne geben und mit Salz und Pfeffer abschmecken
- die in Scheiben geschnittenen Orangen und die Oliven in die Sauce legen und ein paar Minuten leicht köchelnd durchschwenken
- Kaninchenkeulen mit Sauce und Beilage anrichten. Mein Favorit ist in diesem Fall Basmatireis
29.01.2014
Ich finde es so wesentlich, dass Foodblogs nicht nur Kochtagebücher sind, die tägliche Gerichte aneinanderreihen.
Viel lieber lese ich, so wie hier bei dir, über deine Vegetarischen Phasen, den selbstverständlichen Biss in die Wurst und über Sonntagsessen mit Fleisch. Ich esse öfter Fleisch als du und bin in erster Linie eine Speckvegetarierin, also überhaupt nicht radikal. Trotzdem würde es viel ändern, wenn mehr Menschen ähnliche flexible Ernährung mit Genussfaktor zu ihrem Prinzip machen würden.
Das Kaninchen sieht sehr verführerisch aus. Senf und Orange find ich spannend!
30.01.2014
Das freut mich natürlich, Eline! Ich neige so oder so in keiner Lebenslage zu Radikalität. Es ist doch schön, wenn es Entwicklungen gibt und man nicht weiss, wohin die Reise in ein paar Jahren gehen wird. Vielleicht werde ich ja doch noch mal zum Vollzeit-Vegetarier. So richtig vorstellen kann ich es mir nicht. Bei der Kombination Orange-Senf-Wein ist die Wahl der Zutaten wirklich entscheidend. Aber das brauche ich dir ja nicht zu sagen....
30.01.2014
Das Wichtigste ist, dass Du den Biss in die Wurst mit Genuss und ohne negativen Nachgeschmack gemacht hast. Da könnte ich auch nicht widerstehen. Deinem Kaninchen auch nicht. Dem steht allerdings der Mittagskocher im Weg, der leider kein Kaninchen essen mag.
31.01.2014
@multikulinaria: Negativer Nachgeschmack oder schlechtes Gewissen in Zusammenhang mit Essen ist mir gänzlich unbekannt;) Viele mögen es wegen der kleinen Knochen nicht.
11.02.2014
Hmm, bisher kannte ich Kaninchen nur in der deftigen Variante zu Weihnachten. Dies Rezept ist mal ganz anders. Ich bin gespannt aufs Nachkochen...
13.02.2014
Ein wirklich tolles Rezept und perfekt für ein Essen für Zwei. Während der Valentinszeit läuft bei HeimGourmet ein "Recipes4Two-Contest“! Falls Du Lust hast reinzuschauen und teilzunehmen: http://www.heimgourmet.com/wettbewerb-6-recipes4two.htm
Liebe Grüße
22.02.2014
Tolles Rezept, empfehle ich gerne weiter!
Marion Berger
Genussboutique marenda
Bahnhofstraße 7
A-6780 Schruns
http://www.genussboutique.at
12.05.2014
Klasse Rezept. Ich habe es mir mal ausgedruckt und werde es am Wochenende mal nach kochen
Gruß Hendrik
27.10.2014
Sehr schöner Foodblog, Kompliment!
6.01.2015
Grossartig geschrieben und echt tolles Rezept!
24.01.2015
Ein wirklich herrliches Rezept! So was inspiriert! Meine Freundin fands jedenfalls super!