Am 8. November war es soweit. An jenem sonnigen Freitag, habe ich in meinem Schrebergärtli den ersten Salat geerntet. Gepflanzt hatte ich die Setzlinge Mitte September. Sie waren ein Geschenk meiner überaus grosszügigen und mir mit Rat und Tat zur Seite stehenden Gartennachbarn. Roter von Verona, Zuckerhut, Lattich heissen die Schätze. Rechtzeitig zur Salaternte wurden auf dem Balkon die letzten Cherrytomaten und endlich, endlich meine Minipaprikas reif. Die Quintessenz daraus? Selten hat einfacher Salat so gut geschmeckt. Das tröstet über Misserfolge, wie z.B. Spinat oder Portulak, die beide nur vereinzelt aus Erde schauen, locker hinweg. Jetzt ist Ruhe eingekehrt im Schrebergärtli. Jetzt noch ein wenig roter Mangold und irgendwann später wird es wenig Spinat, Portulak und Nüsslisalat (Feldsalat) zu ernten geben. Ich freue mich bereits auf den Frühling, wenn das Abenteuer Schrebergärtli, ja, für mich ist es ein kleines Abenteuer und überhaupt eine grosse Freude, wenn etwas wächst und gedeiht, eine Fortsetzung findet.
Herbstzeit ist Kochbuchzeit. Scheint es nur mir so, oder geht es euch gleich? - im Herbst erscheinen besonders viele hochinteressante Kochbücher. Klar, die Weihnachtszeit steht vor der Tür, vielleicht liegt es auch nur daran, dass ich besonders um diese Jahreszeit wieder vermehrt Buchhandlungen besuche. Es wäre durchaus nicht übertrieben zu sagen, dass sie gerade jetzt mein 2. Wohnzimmer sind, in dem ich mich gerne aufhalte. Gekauft habe ich mir u.a. dieses, dieses, dieses und eines auf das ich mich schon ganz lange besonders gefreut hatte - "Kulinarisches Erbe der Alpen - das Kochbuch". Ziemlich genau auf den Tag genau vor einem Jahr habe ich hier an dieser Stelle das Buch "Kulinarisches Erbe der Alpen" vorgestellt, vergangenen Winter und Frühling jede Folge der Serie dazu im Fernsehen angeschaut und jetzt als logische Konsequenz daraus, das Kochbuch gekauft. In 10 Kapiteln werden heimische Lebensmittel und deren Geschichte beleuchtet und im Anschluss daran Rezepte dazu vorgestellt. Dinkel und Roggen, Ziegenfleisch und Ziegenkäse, Kohl und Kartoffeln, alte Kartoffelsorten, Wildpflanzen als Würzkraft, Notspeisen wie Mais und Buchweizen und die jahrhundertealte Art der Haltbarmachung, das Räuchern, liefern spannende und lehrreiche Geschichten. Das erste Rezept, das ich ausprobiert habe, ist das Süssbrot von Seite 33. Nicht zu süss und durch Milch und Topfen ist es sehr flaumig geworden. Das kommt in meine Standard-Online-Kochbuchsammlung. Als nächstes backe ich das Anisbrot und das Südtiroler Breatlan mit Schabzigerklee und dann folgen die Kartoffelrezepte, die Kräuterrezepte.....
Letzte Woche Donnerstag wurde in der Boja19 in Eschen in Liechtenstein das Kochbuch präsentiert. Autor Dominik Flammer, Fotograf Sylvan Müller und Koch Martin Real haben ihr Werk vorgestellt. Ihre Begeisterung war richtiggehend ansteckend. In seinen Erläuterungen zu Entstehungsgeschichte und Hintergründen der im Buch vorgestellten Produkte, merkte man Dominik Flammer an, dass er sich mit Herzblut dem Thema gewidmet und dieses Projekt umgesetzt hat. In seinen Ausführungen zum Buch hörte man heraus, über welch immenses Wissen er über die Produkte des Alpenraumes und deren Geschichte verfügt. Es gab Antworten auf die Fragen warum der Bergkanton Graubünden keine ausgeprägte Käsetradition besitzt - weil schon früh Rindfleischhandel mit Italien betrieben wurde und die Bewohner gut davon leben konnten, warum das St. Galler und Vorarlberger Rheintal von den grossen Hungersnöten im 19. Jhdt. verschont geblieben waren - weil die Bewohner zu jener Zeit, als ganz Europa noch auf die Kartoffel setzte, schon täglich Mais auf ihren Tellern hatten, usw. Ich wette, die Anwesenden hätten ihm und den interessanten Geschichten noch über Stunden zuhören können.
Für das leibliche Wohl war Martin Real - ein Urgestein der Liechtensteiner Gastroszene - verantwortlich. Die Gäste wurden stehend mit kleinen Portionen verschiedener Gerichte aus dem Buch verwöhnt. Ich habe mich hauptsächlich in der Küche aufgehalten und beim Anrichten der Speisen, Herrn Real den einen oder anderen wertvollen Tipp entlockt. Als erstes gab es eine Farina Bona Suppe im Glas. Das Mehl aus geröstetem Mais stammt aus dem Osernone Tal im Tessin. Dazu wurde Dinkelbrot, gewürzt mit Schabzigerklee gereicht.
Anschliessend kam ein österreichisch-schweizerischer Salat aus steirischen Käferbohnen und Baselbieter Müslikartoffeln auf den Teller, mariniert mit einer wunderbaren Senfvinaigrette, gefolgt von Sauerkraut (ich habe selten ein so gut gekochtes gegessen) und eine Kostprobe vom Mangalitzaschwein.
Das kulinarische Highlight des Abends für mich war das Gitzi (Zicklein) aus der Innerschweiz mit Rheintaler Ribelmais als Beilage und einer Sauce gewürzt mit madagassischem Pfeffer. Dieser Pfeffer gab der Sauce die charakteristische Pfeffernote ohne die für den Pfeffer charakteristische Schärfe. Herrlich!
Als Draufgabe fanden sich zum Dessert, im Ofen gebackene und mit kandiertem Ingwer verfeinerte Thurgauer Äpfel - Notiz am Rande: in der Schweiz gibt es 1'200(!) Apfelsorten - Brotkrumen in Butterschmalz gewendet und mit Glarner Magenträs (Zucker-Gewürzmischung aus dem Kanton Glarus) versüsst.
Runtergespült wurden all die Köstlichkeiten mit den feinen Tropfen des Weingutes von Tscharner im bündnerischen Reichenau. Ganz besonders angetan hatte es mir der Churer Pinot Gris und die Fassprobe des Jeninser Pinot Gris Spätlese.
An dieser Stelle noch ein Tipp für St. Galler die gerne ein Rezept mit den bereits oben erwähnten alten Kartoffelsorten ausprobieren möchten. Im Quartierladen von Nir Sapan an der Hagenbuchstrasse 26 gibt es unter anderem die Bio-Bergkartoffeln Parli oder Corne de gattes zu kaufen. Wer einen akuten Bedarf an kulinarischen Schätzen wie den Ölen von Pinterits, Honig von Johannes Gruber oder exotischen Gewürzen von Schwarzenbach Zürich hat, wird ebenfalls fündig. Vorletzten Samstag fand eine Käsedegustation der Fromagerie Fleurette aus Rougemont im Kanton Waadt statt. Bei einem Glas Riesling und/oder Öpflmoscht aus dem Thurgau konnten Köstlichkeiten wie der Rotschmierkäse Le Rubloz oder der 14 Monate im Militärbunker gereifte Bergkäse Le Secret des Forts probiert werden. Die Inhaberin Agnes Beroud hat alle Fragen ausführlich und mit Freude beantwortet. Eine wirklich tolle Sache, abseits von künstlich aufgebrezelten Events, authentisch und dem Genuss verpflichtet. Wir schauen gerne wieder vorbei.
Disclaimer: Die erwähnten Kochbücher und Produkte habe ich selbst gekauft und der Artikel widerspiegelt meine ganz persönliche Meinung. Ich hatte keine Anfragen der erwähnten Personen zum Verfassen dieses Artikels erhalten.
5.12.2013
Liebe Birgit, vielen Dank für den Tipp mit dem Quartierladen, da muss ich unbedingt bald hin! Das kulinarische Erbe der Alpen habe ich heute geschenkt bekommen, ein wunderschönes Buch!!!
Lg, Kathi
5.12.2013
@Liebe Kathi, ich finde es ist ein wunderbares Buch, nicht nur mit schönen Bildern, sondern auch mit nachkochbaren Rezepten. Der Laden ist leider nicht in meiner Nähe, einen kleinen Umweg nehme ich aber gerne in Kauf.