Cosycooking

Wo Sonne und Gemüter heiter durch die Gegend streifen - oder wie sehr wir uns auf eine Woche Kampanien gefreut haben!

Von Norden kommend kräuselt sich die Strasse den Berg hinauf. Die Leitplanke scheint schon aufgegeben zu haben und verschwindet im Nirgendwo. Nur die Strasse stemmt sich noch gegen das scheinbar Unvermeidbare. Der Berg scheint den Kampf zu gewinnen. Unser kleiner Leihwagen zum Glück auch.


Dann endlich hinter dieser imaginären Ausfechtungszone liegt Pisciotta. Unser Ziel. Das Dorf thront ebenmässig verteilt auf einem Hügel. Der Blick aufs Meer - ungetrübt und fantastisch. Schnell sind wir zwei uns über zwei Dinge einig. Die Entscheidung hierher zu fahren war richtig und es lässt sich an einem so schön gelegenen Ort sicher prima eine ganze Woche aushalten. Und das mit einem ziemlich übersichtlichen Programm – geniessen der cilentanischen Küche, im Meer schwimmen und die Sonne – die uns bis zu diesem Zeitpunkt im Juni zu Hause grossteils versagt geblieben ist - ausgiebig zu geniessen.


Kulinarische Rückblende: Einen Tag vorher von Neapel kommend war die Halbinsel Sorrent unser Ziel - vom Flughafen direkt zum Mittagessen ins "Relais Blu" nach Massa Lubrense, am westlichsten Punkt der Landzunge gelegen. Das "Relais Blu" ist ein 4-Sterne Boutiquehotel mit fantastischem Ausblick. Von der Terrasse schweift der Blick über den Golf von Neapel und die vorgelagerten Inseln Capri und Procida. Die Location könnte perfekter nicht sein, ebenso der Service. Seit drei Jahren ist Christoph Bob hier Küchenchef. Er hat u.a. bei Horst Petermann in Küsnacht und Alain Ducasse in Paris gekocht. Der Beginn mit verschiedenen, selbstgemachten Brötchen und Grissini, der Gruss aus der Küche, das Risotto mit Oktopus und grünen Bohnen, die Zitronengnocchi mit Muscheln und Zucchiniblüten, der Bluefish mit Auberginen und Shrimps...das und noch vieles mehr – tadellos. Diese perfekte Umsetzung einer Inszenierung, lässt unsere Vorfreude auf das Kommende weiter wachsen.


Pisciotta: Knapp 3'000 Einwohner und ein Vielfaches an Olivenbäumen soweit das Auge reicht. (Im Dorf verkauft übrigens der Metzger sein eigenes, ausgezeichnetes Olivenöl). Ich hatte mir den Süden Italiens ganz anders vorgestellt, irgendwie karg und gar nicht grün. Das Gegenteil ist der Fall: üppige, wohlriechende Natur im seit 1991 bestehenden Nationalpark Cilento - am Strassenrand wachsen wilder Fenchel, Rosmarin und viele andere Pflanzen, die die Luft so herrlich aromatisch riechen lassen. Jedesmal beim Aussteigen aus dem Auto atme ich erstmal ganz, ganz tief ein. Diese von vielen Düften gesättigte Luft hat etwas Beruhigendes an sich.


Das Hinterland des Cilento bietet viel, aber wir sehen wenig, denn es zieht uns fast Tag für Tag ans Meer. Palinuro, Marina di Camerota sind die Orte die jetzt in der Vorsaison kaum besucht sind - mit tollen Strände und glasklarem Wasser. Beim Nachhängen der Gedanken wird mir klar, dass ich meine Füsse das letzte Mal vor sage und schreibe fünf Jahren auf einem anderen Kontinent ins Meer getaucht habe. Es wurde wieder Zeit.


Unser Gastgeber in Pisciotta - Massimo – ist immer fröhlich. Seine Entscheidung von Rom hier in den südlichen Teil Kampaniens zu ziehen und ein altes Kloster an bester Lage zu einem Hotel umzubauen scheint wohl eine Gute gewesen zu sein. Wir bekommen viele Empfehlungen und Tipps, die wir gerne annehmen bis auf Eine. In die von ihm hochgelobte Osteria treibt es uns nicht. Wir hängen fest an einem wunderbaren Platz namens "Perbaco". Etwas ausserhalb des Ortes gelegen, isst man in diesem Lokal im Gras, an und auf wackeligen Holztischen und -stühlen und unter uralten Olivenbäumen mit einem unvergleichlichen Blick auf's Meer. Wir probieren uns durch die Karte. Was auf den Tisch kommt ist frisch und hocharomatisch weil saisonal und entspricht dem Slow-Food Gedanken von Regionalität und Nachhaltigkeit. Der Besitzer - Vito Puglia - ist ein Pionier der Slow-Food Bewegung in Italien und erzählt mir begeistert von seinem Besuch bei Weinbauern im Burgenland und seinen österreichischen Lieblingsweinen. Hier im Land der mehr als 2'000 Rebsorten küren wir aus den Weinen der Region Kampanien unseren Favoriten – einen Fiano di Avellino. Zu Essen gibt es Alici pisciottina - Sardellen in Zitronensaft mariniert, Vermicelli mit Muscheln, mit Fisch gefüllte geröstete Paprika, Riesenravioli mit Ricotta und Gamberoni und andere Köstlichkeiten.


Nach einer Woche mit allem was man sich so unter „Sommer“ vorstellt, machen wir uns zurück auf den Weg nach Neapel. Ein kleiner Umweg ist eingeplant. Wir wollen in der Nähe von Avellino diesen sagenhaften Fiano direkt beim Weinbauer verkosten. Das ein mittelgrosses Eisenteil auf der Autobahn uns einen Strich durch die Rechnung macht, dass wir mit einem Reifenplatzer nicht mehr weiterkommen und statt zum Weinbauer mit einem klapprigen Abschleppwagen (das Auto hinten drauf) nach Neapel tuckern, das wir deshalb ohne Wein aber trotzdem mit vielen Eindrücken nach Hause fahren – das ist das aufregende Ende dieser Woche in Kampanien.

Mittlerweile, nach einigen Irrungen und Wirrungen sind jetzt sowohl Sommer als auch Fiano di Avellino doch noch bei uns eingetroffen. Und darauf werden wir ein Glas trinken. Salute!

 

Hier noch ein paar Bilder von unserer Reise. Zum Starten der Bilderserie einfach auf das erste Bild klicken:

Share on

Kommentare

  1. zorra
    5.08.2010

    Danke fürs Mitnehmen! Ich bin auch erstaunt wie grün die Landschaft noch ist. Vielleicht sieht es Ende Sommer doch auch etwas karger aus?

  2. Birgit
    5.08.2010

    Das denke ich wird bestimmt so sein. Umso besser waren wir vorher noch dort.

  3. Pingback: Bruschette mit Catalogna und eine Kurzreise | Cosycooking

  4. Hast du je was vom Fooddcamp Cilento gehört? Recherchier mal! Denke, das könnte dir gefallen. Und solltest du heraus finden, wie man da mitmachen kann, dann: Bitte Bescheid geben, hierfür würd' ich meine Mutter verkaufen...
    Ursula

  5. Gitte
    1.01.2014

    Hallo Birgit!
    Auch wenn diese Reisereportage schon älter ist, hat sie mich dazu inspiriert nochmals ins Cilento zu reisen! Ich war 2008 schon mal in Pisciotta, Damals wohnten wir in der alten Ölmühle "A Macina". Nun geht es im Mai ins Marulivo!
    Ciao,
    Gitte

  6. Birgit
    2.01.2014

    Hallo Gitte, es freut mich ganz besonders, dass mein allererster Beitrag noch gelesen wird und dazu verleitet (wieder) ins Cilento zu fahren. Bin gespannt wie dir das Marulivo gefällt. Was mir bis heute geblieben ist, ist dieser unvergleichliche Duft an Kräutern, den man immer und überall einatmet. Schöne Reise!

Kommentar schreiben

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>

* Pflichtfelder, E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht